Mechanisierung

 

 

Die Klöckner Zeche Victor gehörte zu den Vorreitern bei der Einführung des Druckluftbetriebenen Abbauhammers und somit bei den ersten Schritten der Mechanisierung der Gewinnung. Ende 1921 beschloss die Gewerkschaft Victor nach mehreren vergeblichen Versuchen die Einführung von Abbauhämmern der Firma Düsterloh. 1922 stellte Ickern in vier Revieren das Sprengen der Kohle ein, vermutlich nach Einführung von Abbauhämmern. Novemver 1924 waren 637 Abbauhämmer auf Victor-Ickern in Betrieb. Nach einem Mechanisierungsprogramm zur Ausrüstung aller Abbaubetriebe mit dem neuen Gewinnungsgerät stieg 1927 die Zahl auf 1200 Stück. Victor-Ickern besaß Ende 1924 für die Vortriebsarbeiten insgesamt 543 Druckluftbohrhämmer. Arbeitserleichternde Bohrknechte(Druckluftstützen) der Firma Meier wurden 1936 auf Victor-Ickern eingeführt. Seit 1938 wurde zur Staubbekämpfung mit Spülköpfen und Hohlbohrstangen nass gebohrt. Die Vortriebsarbeit wurde anfangs mit Keilhauen, Fäusteln, Bohreisen, Handbohrern, Sprengstoff und Schaufeln bewältigt. So waren auf Victor bereits 1879 erste Versuche mit der Brandtschen Maschine der Schweizer Firma Sulzer durchgeführt worden. Diese Bohrmaschine war sehr sperrig und wog ca. 100 Kg. Der Hauptquerschlag der 3. Sohle wurde 1892 bis 1894 mit einer Gesteinsmaschine durch Schweizer Hauer, die auch bei der Herstellung des St. Gotthardt-Tunnels mitgearbeitet hatten, vorgetrieben. 1904 erhielt die Firma Flottmann ein Patent zu einem Bohrhammer mit Kugelsteuerung und selbsttätiger Umsetzung. Schlagkolben und Bohrstange waren nun getrennt. Das nur noch 15 Kg wiegende Bohrgerät konnte von einem Mann gehalten werden. 

 

       Brandtsche hydraulische Bohrmaschine 1892/94 im Streckenvortrieb auf Victor I/II eingesetzt

 

 

Im Frühjahr 1932 kam auf Victor der erste Schrapper zum Einsatz der die Ladearbeit sehr erleichterte. In den 1930er und 1940er Jahren bewährten sich vor allem Ladewagen von Korfmann.

 

                                Schrapper

                              Schrapperhaspel


                                  Ladewagen


 

 

Bereits 1901 wurde auf Victor I/II in harter Kohle Versuche mit Schrämmaschinen durchgeführt um das Schrämen mit der Keilhaue zu ersetzen. 1924 gab es sieben Säulenschräm- und zwei Stangenschrämmaschinen. Während mit der Säulenschrämmaschine um die zwischen Hangendem und Liegendem verspannte Säule halbkreisförmig geschrämt werden konnte, wurde die spiralförmig mit Meißeln besetzte, sich drehende Schrämstange der Firma Wilhelm Knapp, als Langfrontmaschine am Kohlenstoß entlang gezogen. 1925 gab es auf Victor-Ickern 23 Schrämmaschinen.

 

Die Säulen und Stangenschrämmaschinen wurden durch Kettenschrämmaschinen der Bochumer Firma Eickhoff ersetzt. Sie besaßen am Ausleger eine umlaufende Meißelkette. 1932 kam auf Victor eine Kettenschrämmaschine zum Einsatz mit einer Stempelfreien Abbaufront , wobei mit Vorsteckeisen bis an den Kohlenstoß vorgepfändet wurde.

 

                 Walzenlader mit starrer Walze

             Walzenlader für die steile Lagerung


 

Bereits 1904 hatte es auf Victor I/II zur Erhöhung des Ausbauwiderstandes und zur Einsparung von Holz, Versuche mit umsetzbaren eisernen Abbaustempeln gegeben. 1922 wurden in den Flözen Sonnenschein und Dickebank Stahlstempel eingeführt. 1936 gab es auf Victor-Ickern Vergleichseinsätze mit Reibungsstempel der Firmen Schwarz, Wanheim (Gerlach 37) und Klöckner die zu Gunsten der Gerlachstempel ausgingen.

 

Die Strebförderung wurde auf Victor-Ickern von Schüttelrutschen beherrscht. 1924 besaß Victor-Ickern 170 druckluftbetriebene Schüttelrutschantriebe.

               Vor Ort mit Abbauhammer   1936

                           Reibungsstempel


 

 

1937 bestellte Victor III/IV  bei der Eisenhütte Westfalia-Lünen den ersten Stauscheibenförderer. In abgewinkelten zusammengesteckten Blechrutschen lief eine Endlos Kette um, deren angeschraubte Teller den Kohlenstrom bremste und damit den Feinkohlenanfall und die Unfallgefahr verminderten.

 

                         Stauscheibenförderer  

                              Ladestelle   1936


 

Die erste Strebbeleuchtung wurde auf Victor 1933 im Flöz Sonnenschein eingebaut. Schlepper Rutschen und Pferde besorgten die Förderung in den Abbaustrecken. 1942 waren nur noch vier Pferde von der Dortmunder Verleihfirma Wiechers im Einsatz. 1958 kamen die letzten Pferde nach über Tage.  Den größten Förderanteil in den Abbaustrecken hatten bereits in den 20er Jahren Schlepphäspel und insbesondere Abbaulokomotiven. 1927 kamen auf Victor und Ickern Akkumulatorlokomotiven zum Einsatz. 1938 stellte Victor-Ickern die ersten drei Zubringerlokomotiven mit Dieselantrieb in Dienst.

                       Akkulokomotive um 1920

                        Akkuladeraum um 1920


 

1925 gab es auf Victor-Ickern die ersten Gummigurt-Bandanlagen. Im selben Jahr kam auf Victor III/IV ein Plattenband-Förderer in Betrieb.

 

1928 beantragte Victor III/IV die Einführung einer lichtstärkeren Mannschaftslampe der Firma Friemann und Wolf.

 

Auf Victor III/IV kam 1943 zwischen der 4. Sohle und der 5. Sohle ein elektrische betriebener Treibhaspel der Gewerkschaft Schalker Eisenhütte 7 AEG in Betrieb.

 

Victor-Ickern nahm den ersten Kohlenhobel 1947 in einem 300 m langen Streb des 1,2 m mächtigen Flözes Mausegatt in Betrieb. Verwendet wurde anstelle der bis dahin üblichen Seile, Ketten, die von einem gemeinsamen Motor getrieben wurden.

 

1952 erfolgte auf Ickern im Flöz Präsident der erste Einsatz einer Eickhoff-Walzenschrämmaschine in steiler Lagerung. Die Maschine wurde durch zwei in der Kopfstrecke aufgestellte Häspel gehalten.

 

          Walzenlader gezogen mit zwei Ketten

             Walzenlader für die steile Lagerung


 

Nach Gründung der Klöckner-Ferromatik GmbH 1954 in Castrop-Rauxel wurden auf Victor-Ickern hydraulische Strebausbaue erprobt:                                                                                                                       1954 erster Versuch mit einem Dreirahmengespann für flache Lagerung.                                                 1954 - 1965 Einsätze verschiedener Schreitausbautypen in der steilen Lagerung.                                     1956 stetige Entwicklung und Verbreitung d. hydraulischen Einzelstempelbaus mit zentraler Pumpe.  1956 - 1973 Einsatz verschiedener Schreitausbautypen für die flache bis stark geneigte Lagerung.    1970 Erster Schildausbau im Ruhrbergbau.

Mit der Weiterentwicklung des hydraulischen Einzelstempels wurde im Laufe des Jahres 1955 bei Klöckner-Ferromatik begonnen. Der aus einem hydraulischen Zylinder bestehende Stempel, der mit einer zentralen Pumpe verbunden war, sollte über eine Hochdruckleitung mit einer Schnellkupplung die Bergleute nannten sie später < Setzpistole > mit der Druckflüssigkeit gefüllt und somit verspannt werden. Beim Rauben wurde sie nicht wie in der steilen Lagerung zur zentralen Pumpe zurückgeführt, sondern in den Versatz abgespritzt. Ein solches hydraulisches Ausbaukonzept war bereits früher verschiedentlich vorgeschlagen, aber wegen ungelöster technischer Probleme nicht verwirklicht worden. Die ersten Ferromatik-Stempel konnten bereits im März 1956 im Flöz Wilhelm auf Victor III/IV erprobt werden. 1957 wurde die Serienfertigung aufgenommen und weltweit ca. 1.5 Millonen Stempel verkauft werden.

Hydraulische Einzelstempel Ferromatik Type S4   mit Verlängerungsstück             Victor III/IV   1956

            Erster Schreitausbau Ickern I/II   1954


 

 

Victor-Ickern gehörte zu den ersten Schachtanlagen, die im Rahmen eines Großversuches einen umlaufenden, kurvengängigen Endlos-Förderer einsetzten. Auf Victor III/IV nannten die Bergleute diesen " Kurven-Heinrich " Das Ingenieurbüro Konrad Grebe hatte ihn 1950 entwickelt. Die Ladefläche des Förderers bestand aus gelenkigen und verwindbaren Blechplatte, die eine Gummidecke trugen. Das mit Rollen versehene Band lief in einem einfachen Stahlgerüst im 2,3 m mächtigen Flöz Karl. Mit diesem Endlosförderer wurden Kohlen und Material transportiert. Der Streb Karl erreichte eine Abbaulänge von 800 m, was die Gesamtlänge des Förderers auf über 2000 m ansteigen liess.

Am 29. Juli 1957 wurde auf Ickern I/II das Geleucht von der 5,5 kg schweren Akkuhandlampe auf die 2,3 kg wiegende Akkukopflampe der Dortmunder Firma CEAG umgestellt. Mitte der 60er Jahre erhielten Aufsichtspersonen elektronische Methan-Handmessgeräte. 1962 erhielt Ickern in der Kopfstrecke Flöz Finefrau die erste zwangsgeführte Einschienenhängebahn

 Endlosförderer im Streb Karl, Victor III/IV    1952

                        Einschienenhängebahn


 

Den ersten Bandzugförderer im Ruhrrevier setzte Ickern I/II  1953 ein. Er wurde von den Ickerner Kumpel   Kurven - Friedrich genannt. Die weiterentwicklund dieses Förderers war der Magnet-Bandzugförderer.           

                                           Bandzugförderer auf Icken I/II  im Flöz Dickebank   1954

 

 

1962 erhielt Ickern I/II die erste vollautomatische Schachtförderung des deutschen Steinkohlenbergbaus. Um den Transport von Kohlen von Ickern I/II zum Kraftwerk Rauxel zu optimieren wurde 1962 eine 2500 m lange Bandstrasse gebaut. Sie überquerte die Autobahn A2, drei Strassen und die Emscher. Die Bandanlage stellte damals die größte Übertageanlage ihrer Art im westdeutschen Steinkohlenbergbau dar.

              2500 m lange Bandstrasse   1962

    Vollautomatische Schachtförderanlage   1962


 

Im Jahre 1969 wurde wegen größerer Leistungsfähigkeiten das Nashorn VS 2 E der DEMAG für den Vortrieb von Flözstrecken in Betrieb genommen

                             Das Nashorn    1969


Victor-Ickern beschaffte sich von der Firma Eickhoff in Bochum einen modernen 170 KW Ein-Walzenlader   EW-170 L  und setzte ihn seit September 1970 auf Ickern III in Flöz Mathias 1, zusammen mit dem ersten Schildausbau an der Ruhr ein. Der Walzenfahrer steuerte die Maschine aus einiger Entfernung über Funk.

               Walzenlader mit dem ersten Schildausbau an der Ruhr, Ickern III Flöz Mathias 1.    1970

 

Bis Ende der 60er Jahre wurden Streckenpanzer demontiert, die einzelnen Bauteile in Längsrichtung zur Strecke gezogen und wieder zusammen gebaut. Diese Arbeiten waren mit 25 bis 40 verfahrenen Schichten sehr aufwendig. Daher versuchte man den Streckenförderer mit integriertem Kohlenbrecher und nachfolgendem Antrieb des Gummigurtförderers im Ganzen vorzuziehen.    

 

Daraufhin entwickelte der damalige Maschinenfahrsteiger Willi Weitz ein Vorziehgerät das aus einer verstärkten, mit hydraulischen Stempeln abgespannten Grundplatte, einem Hobelgetriebe und einem 55 PS Druckluftmotor bestand. Um ein Auseinanderreißen des Förderers zu vermeiden, wurden auf beiden Seiten zwischen Antrieb und Umkehre Hobelketten gespannt. Das Vorziehgerät wurde auf Victor-Ickern Standart und in jedem Abbaubetrieb auch zum Ein- und Ausfahren von Strebfördermitteln und Ausbauschilden verwendet. Die jeweilige Vorziehaktion konnte innerhalb von drei bis vier Stunden während der normalen Reparaturschicht erfolgen. Dieses Vorziehgerät verbreitete sich auch auf anderen Zechen und war bis Mitte der 1980er Jahre 85 Mal gebaut worden

 


                                                             Streckenpanzer auf Römerwagen    1971